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Beats:
Das Wesen von Rhythmus, weltweiter Hip Hop und das Computerspiel
HeavenSeven11
von Parangari Cutiri, auch bekannt als Anne-Marie Schleiner
Rhythmus und Anti-Rhythmus
Ich bezeichne jede Form von wiederholten Sequenzen von auditiven
Beats, Noten, GerŠuschen, Bewegungen und visuellen Effekten als Rhythmus.
Parangari Cutiri (auch bekannt als Anne-Marie Schleiner, Anm. d. Autorin)
scheut den Rhythmus nicht. Allerdings hat die experimentelle Musik im
vergangenen halben Jahrhundert die so genannte ernste Musik verdrŠngt (auch
wenn die American Academy, der Musikethnologie folgend, exotische
Percussion-Instrumente wie das Gamelan lehrt). Seit dem Zweiten Weltkrieg
assoziieren europŠische Musiker Rhythmus mit faschistischer MilitŠr-Marschmusik,
mit einem hirnlosem Mob voller gleichfšrmiger Kšrper, eins werdend mit einer
hirnlosen Masse. (Daniel Hjorth) (Diese Position kann man vergleichen mit der
Reaktion von Kunstkritikern aus der Frankfurter Schule, wie z.B. Theodor W. Adorno, auf den Zweiten
Weltkrieg.)
In der FortfŸhrung dieser Logik verleitet auch die Pop-Musik
geistlose Kšrper mit ihren wackelnden Kšpfen dazu, sich nach einem anderen
zwanghaften Beat hin und her zu bewegen, den Rhythmen und Melodien von Radio-
und MTV-Hits folgend, die sich durch die stŠndige Wiederholung im Hirn
eingebrannt haben, unterbrochen von wiederholender Werbung und eingŠngigen
Werbe-Jingles. Die globale Disco der Konsumenten des Kapitalismus infiltriert
jedes Heim, jedes Auto. Dieses Orwellsche Szenario gibt genau die von Marshall
McLuhan konstatierte RŸckkehr in das finstere Mittelalter wieder, einen RŸckzug
aus der vernŸnftigen analytischen Distanz des aus der Gutenberg-Galaxie
stammenden gedruckten Wortes (obwohl die Gutenberg-Galaxie das gedruckte Wort und
das Gesetz dazu einsetzte, das koloniale und merkantile System zu unterstŸtzen,
was wiederum die Grundlage bildete fŸr die derzeitige vorherrschende Phase des
Kapitalismus - Foucault via Kittler, ãGrammophon, Film, Schreibmaschine").
John Cages Studien des Buddhismus und der Kunst des Dada sowie
seine Freundschaft mit Duchamp beeinflussten seine Musikkompositionen, die auf
die GerŠusche hšrt, die wŠhrend der sogenannten ãStille" empfunden werden
kšnnen, unbemerkte Beats des durch das Herz flie§enden Blutes und des
konstanten Kommen und Gehens des eigenen Atems. Ein Insekt, mit der Lebensdauer
von einem Tag, das mit seinen FlŸgeln in einem fŸr das menschliche Ohr nicht
wahrnehmbaren Hochfrequenz-Bereich schlŠgt. Schnellstrassenverkehr, gleichmŠ§ig
aufwallend und abebbend wie die Gezeiten. Eine CD, die in einem unregelmŠ§igem
Rhythmus springt, was durch den zufŠlligen Kratzer, der durch ein auf der
OberflŠche klebende Essensteilchen entstanden ist, verursacht wurde.
Head not kontra Body music
Blut-Beats und Insekten-Beats und Maschinen-Beats und Musik-Beats,
die aus miteinander verbundenen vibrierenden ãautopoetischen"
Kšrpermassen/systemen auftauchen, mit verschiedenen Kšpfen zu verschiedenen
Tempi irgendwo tanzend. Ungeachtet des selbstgewŠhlten Rhythmus' fŸr MilitŠr-
oder Werbeclip-Musik, bewegen sich Kšpfe zu anderen Beats, oder die Beats lšsen
entgegengesetzte Effekte unter Wesen mit resistentem/anderem Potential aus.
Obwohl sie teils absichtlich von anderen Stammesmitgliedern, die die gleiche
Sprache sprechen, getrennt wurden, sangen afrikanische Sklaven in Amerika
wŠhrend der Arbeit monotone GesŠnge mit sich wiederholenden Rhythmen. Diese
Lieder enthielten manchmal geheime Informationen Ÿber die
ãUntergrund-Eisenbahn", bestehend aus sicheren HŠusern, FlŸsse, und
Stra§en, mit Hilfe derer man im Norden die Freiheit erlangen konnte.
(Sie Šhneln darin vielleicht den Liedern der in Ketten liegenden
amerikanischen Gefangenen, die spŠter vor allem von afroamerikanischen
Gefangenen gesungen wurden - was auf dem ersten StŸck des Soundtracks zu dem
Film ãO Brother Where Art Thou" zu hšren ist). FŸr diese Sklaven fungierte
Rhythmus als ein †bertragungsmedium verschlŸsselter Nachrichten. In einer
Sequenz der Dokumentation von Bill Moyer Ÿber die Geschichte der englischen
Sprache verfolgen Sprachhistoriker die UrsprŸnge der Rap-Lyrik bis hin zur
Sprachkunst des ãPredigers" und sogar noch weiter bis zu den
Sprachtraditionen vieler afrikanischer StŠmme zurŸck. Der Status des
Manipulators von Sprache und Rhythmus war bzw. ist sehr hoch in Afro-Amerika.
Der in London lebende Kodwo Eshun lehnt in seinen Schriften und
Interviews den Unterschied zwischen Seele (schwarz) und Technologie (wei§) -
und zudem die landlŠufige rassistische Analogie von Kšrper kontra Intellekt -
ab. Er wendet im Hinblick auf Donna Haraways Ablehnung des feministischen
Cyborgs, der aus einer weiblichen Seele und einer mŠnnlichen Maschine besteht,
eine Šhnliche Strategie an. †bereinstimend mit den ãafro-futuristischen"
Science-Fiction-Autoren, beschreibt er eine symbiotische Beziehung zwischen
ãschwarzer Musik" und Technologie. Die Songs von Grandmaster Flash (dem
aus New York stammenden Erfinder des Scratching), Sun Ra und Dub-Reggae waren
ãErforschungen" zukŸnftiger Musik und technischer Innovationen. Scratching
ist nicht nur eine andere Form von Rhythmus, es ist eine Art Morphing, das auf
innovative Art und Weise transformative digitale Spezial-Effekte im Film vorweg
nimmt, die spŠter mit Computern entwickelt wurden:
"Scratching ist eher eine Transformations-Sequenz, mehr wie
die Audio-Parallele zu ãThe Thing", ãAmerican Werewolf" oder ãAltered
States", in der man sieht, wie sich ein Mensch in einen Werwolf
verwandelt. Kurz bevor er sich ganz in einen Werwolf verwandelt, erhascht man
plštzlich die Andeutung eines Menschen, dann ist sie wieder weg."
In seinem Buch ãGrammophon, Film, Schreibmaschine" bezeichnet
der deutsche Medien-Historiker Friedrich Kittler, mit anscheinender Verachtung
fŸr populŠre Musik, (trotz meiner persšnlichen Beobachtung von seiner Liebe zur
Gitarre) das Scratching von New Yorks DJs herabwertend als ãgewšhnlich und
alltŠglich". Aber in seiner Arbeit zu Edisons Erfindung des Grammophons
(das zu Anfang in der Lage war, sowohl die Linien neuer GerŠusche aufzunehmen
als auch sie wiederzugeben) entwirft er ein nŸtzliches Akronym, TAM - fŸr Time
Access Manipulation (Manipulation des zeitlichen Zugangs). Er schreibt Ÿber die
Umkehrung des zeitlichen Zugangs: ãDie umgekehrte Zeit-Achse, die der
Phonograph ermšglicht, erlaubt den Ohren das Ungehšrte zu hšren: der
unmittelbare Angriff instrumenteller oder stimmlicher GerŠusche bewegt sich ans
Ende, wŠhrend die viel lŠngeren Verzšgerungen nach vorn ziehen."
Missy Elliots Hit ãWork It" aus dem Jahr 2002 besteht aus
einem Hip-Hop-Gesang, der sich die TAM- Techniken, vom Plattenteller zurŸck zur
Stimme, zu eigen macht. Das Lied ist eine kannibalistische Feedback-Schleife
zwischen Stimme, technologisch manipulierter Stimme und wieder der
Original-Stimme. Missy E singt rŸckwŠrts und hackt Worte ab, um einen Stil zu
erzeugen, der analoge und digitale TAM imitiert:
ãPut your ting down flip it and reverse it. Mee nye mip nyim mip
nyip"
ãLeg dein Ding auf, dreh es um und spiel es noch mal. Mee nye mip
nyim mip nyip"
Hip Hop und das weltweite Ghetto
Der allseits bekannte Ursprung des Hip Hop in den 1970ern und
1980er Jahren liegt in den Strassen der schwarz amerikanischen Ghettos (Hip Hop
besteht nicht nur aus Beats und Reimen, sondern auch aus Breakdance und
Graffiti). FrŸhe Gruppen wie N.W.A. (Niggaz with Attitude) und Public Enemy
verwendeten ihre Texte um sich gegen rassistische Polizisten, rassistische
Stereotypen in Hollywood und in den amerikanischen Medien zu wehren. Sie
rappten Ÿber die immer schlimmer werdenden VerhŠltnisse in den InnenstŠdten,
die von Armut und sozialer Ungerechtigkeit geprŠgt waren. SpŠter sprechen
kommerziellere und apolitische ãGangster Rapper" die problematischen und
feindseligen UmstŠnde an, denen Afro-Amerikaner ausgesetzt sind.
Teardrops and closed caskets, the three strikes law is drastic
And certain death for us ghetto bastards
What can we do when we're arrested, but open fire
Life in the pen ain't for me, cause I'd rather die
But don't cry through your despair
I wonder if the Lord still cares, for us niggaz on welfare
2 Pac, ãMy Bloc", 1995
TrŠnen und geschlossene SŠrge, das Drei-Vergehen-Gesetz ist
drastisch
und der sichere Tod fŸr uns Ghetto-Bastarde
Was kšnnen wir anderes tun, als das Feuer zu eršffnen, wenn wir
verhaftet werden
Das Leben im Knast ist nichts fŸr mich, lieber sterbe ich
Aber weine nicht in Deiner Verzweiflung
Ich frage mich, ob Gott sich Ÿberhaupt fŸr uns Nigger auf StŸtze
interessiert
2 Pac, ãMy Bloc", 1995
Hip Hop hat sich auf andere Ghettos in der Welt ausgebreitet, bis
hin zu den Ghettos in Senegal und anderen ehemaligen franzšsischen Kolonien in
Afrika, und von da aus nach Marseilles, in die Strassen von Kolumbien, nach
Kuba und Brasilien. Hip Hop ist
eine starke Stimme fŸr viele arme, marginalisierte, frustierte, junge Leuten
geworden. Globale Hip Hop-KŸnstler fangen bei den einfachen Grundlagen aus
Stimme und handgemachten Beats an, wenn die teureren Produktionsmittel nicht
zugŠnglich sind. Hip Hop hat sich ebenfalls in andere (nicht schwarze) Ghettos
in den USA geschlichen. In San Jose in Kalifornien treffen sich aus Mexiko und
aus Asien stammende amerikanische Jugendliche in einem Latino-Gemeindezentrum
in der Innenstadt, um ãSpoken Word/Open Mic (gesprochenes Wort/offenes
Mikrophon)"-Sessions und Breakdance-Treffen abzuhalten.
Deutsche Gangstas und die
Macht/Privilegien-Unbehaglichkeitszone
"I'm the worst thing since Elvis Presley to do black music so
selfishly and get myself wealthy" Eminem
"Ich bin das Schlimmste was schwarzer Musik seit Elvis Presley passieren konnte, so
egoistisch und mich reich machend" Eminem
Indem er sich ironischerweise mit dem gro§en wei§en Dieb schwarzer
Musik in eine Reihe stellt, erkennt der berŸhmt-berŸchtigste wei§e Hip Hopper
šffentlich an, was er Dr. Dre (der frŸher Mitglied bei N.W.A. war) schuldet.
Dieser produzierte einige seiner Songs und verhalf ihm zum gro§en Durchbruch,
der ihm Ruhm und Reichtum
eingebracht hat. In Stuttgart, der Heimat von Mercedes Benz und derzeit eine
der reichsten StŠdte Deutschlands, ist in den letzten zehn Jahren eine Hip
Hop-Szene entstanden, die einige der berŸhmtesten deutschen Hip Hop-Bands
hervorgebracht hat, wie z.B. Die Fantastischen Vier, Massive Tšne und
Freundeskreis. Auf den Sitzen der (Mercedes-)Busse in Stuttgart habe ich mehr 2
Pac-Graffitis gesehen als irgendwo sonst.
Ich mšchte hier kein geschicktes Manšver ausfŸhren, das das
Unbehagen weg zu diskutieren versucht, welches Parangari Cutiri, ein/e wei§e/r
amerikanische/r Autor/in, EmpfŠnger/in einer privilegierten
UniversitŠtsausbildung und Programmierer/in von einem Hip Hop-Spiel, empfindet.
Sie/er kreierte dieses Spiel in einem Barock-Palast auf dem schwŠbischen Land,
unterstŸtzt von einem KŸnstler-Stipendium. Musik und Kunst kšnnen/sollten nicht
innerhalb ihrer UrsprŸnge in festen kulturellen Gruppen eingekerkert sein
(musikalische Stile innerhalb einer bestimmten ethnischen Gruppe einzusperren
wŠre auch eine Art von Rassismus). Aber wenn sie aus diesen Grenzen
herausmutieren, sollte bei den ãDieben" dieser komplexen KrŠftespiele, die
etwas mit dieser Vereinnahmung zu tun haben, das Bewusstsein dessen (und mehr)
vorhanden sein. Ich fand auf der Liste von ãEmpire" eine Information Ÿber
ein Netzkunstwerk namens ãNeger zu mieten." Dieser ist sehr von Nutzen, um
in etwas flie§enderer, spŠter foucaultscher, (aber nicht unartwšrtlicher) Art
und Weise Ÿber Rassenbeziehungen nachdenken zu kšnnen. Danny Butt schreibt:
ãWir sind immer wei§, braun, schwarz, mŠnnlich, weiblich, reich, arm, gebildet
*im VerhŠltnis* zu einer anderen Person. Der Unterschied beziehungsweise die
Gemeinsamkeit erzeugt ein KrŠftespiel." Danny Butt vertritt die Meinung,
dass das Reden Ÿber Rassismus in zu weit gefassten Gattungsbegriffen die
individuelle Verantwortung eliminiert:
ãDer rhetorische Schritt, den er (ein anderer Beitrag von der ãEmpire"-Liste)
hier macht, ist meiner Meinung nach das eigentliche âProblem:' das Verschieben
der Diskussion Ÿber bestimmte KrŠfteverhŠltnisse (wie z.B. zwischen Wei§en und
Negern) hin zu abstrakten âuniversellen' PhŠnomenen (wie etwa âRassismus'). Dies
ist ein Versuch, uns als Individuen aus der Beziehung herauszuziehen: Indem wir
einen Ort zu suchen, an dem wir *nicht Ÿber Rassenzugehšrigkeit nachdenken
mŸssen*, weil wir an seinem KrŠfteverhŠltnis nicht Schuld sind, âvereinfachen'
wir nicht, âunterdrŸcken' wir nicht beziehungsweise tun keine schlimmen
rassistischen Dinge...."
Subject:
(-Empyre-) race, net-art, strategy
Empire
Danny http://www.dannybutt.net
Die aus Stuttgart kommende (und multi-ethnische) Hip Hop-Gruppe
Freundeskreis hatte sich selbst mit ihrem 1997 erschienenen Song ãLeg dein Ohr
auf die Schiene der Geschichte" in das aus dem KrŠfteverhŠltnis zwischen
NationalitŠten und ethnischen Gruppen bestehende Nest gesetzt. Ihre Texte
vergleichen tragische VorfŠlle in verschiedenen Teilen der Welt miteinander,
die mit Šhnlichen, weniger tragischen Geschehnissen in Deutschland
chronologisch zusammenfallen.
1973
Meine Mutter presste, gebar und liebt mich
TrŠgt mich an der Brust, stillt und wiegt mich, indes 'ne
Mutter mit Sohn in Kambodscha den Schuss zu spŠt sah
Er war wie ich jetzt dreiundzwanzig
Die Gruppe French Connection ist ein Beispiel fŸr deutsche Hip
Hopper, die den Dialog mit ãAnderen" suchen. Produziert vom berŸhmten
Stuttgarter Hip Hop-Label ã0711" (die Vorwahl von Stuttgart und seit vielen
Jahren der Name eines Tanz-Clubs), bringt die French Connection bei jedem Song
der CD einen deutschen Hip Hop-KŸnstler und einen franzšsischen zusammen, die
sich am Mikrophon abwechseln. Was bei der CD auffŠllt, ist, dass die
ãfranzšsischen" Hip Hopper einen Vokal-Stil besitzen, der eindeutig
ãafrikanisch" ist (von ehemaligen franzšsischen Kolonien beziehungsweise
franzšsisch-afrikanischen Subkulturen in Frankreich herstammend), wohingegen
die deutschen Hip Hopper fast alle wei§ sind und einen, nun ja, deutschen
beziehungsweise Stuttgarter Stil haben (natŸrlich hat der gesamte Hip Hop,
allein schon durch seinen Ursprung bedingt, einen bestimmten amerikanischen
Touch). Ein anderes interessantes Beispiel fŸr deutschen Hip Hop sind die aus
Berlin stammenden Puppet Mastaz. Die Puppet Mastaz treten live nur als
anthropomorphe Sesam-Stra§en-Puppen auf, so dass ihre sonst deutlich zu
erkennende ethnische Abstammung weitestgehend versteckt bleibt, obwohl sie (auf
Deutsch) leicht karribisch klingen.
Parangari Cutiri, eine abgedrehte Bee (Yotch) und ihr
gemeinschaftliches Hip Hop-Spiel
Hier begebe ich mich wissentlich, das Subjekt, in eine komplexe
Unwohlseins-Zone, die - zusŠtzlich zu dem KrŠftespiel zwischen schwarz, wei§,
braun, europŠisch, nicht-europŠisch - den Eintritt einer Frau in die
chauvinistisch-aggressive, von MŠnnern dominierte Arena des Hip Hop beinhaltet.
Obwohl Frauen- und Schwulenhass (Zitat Elke Marhšfer) uberflŸssig,, aber
auch in die Texten begabter
Rappers auftauchen, hindert das Parangari Cutiri nicht Momente aus diesem, von
AggressivitŠt und von MŠnnern
dominierten, Bereich Hip Hop, (sowie Computerspiele und Hacking), zu stehlen,
und diese AgressivitŠt fŸr ihre eigenen Zwecke zu nutzten. Meine
KŸnstler-Persšnlichkeit (eine aus meiner Sammlung an Rollen, in die ich
schlŸpfe) Parangari Cutiri mag es, aggressive Kunst zu machen. Sie stellte ein
Modell eines Computer-Spiels her, das einen Virus enthŠlt, der bei dem Spieler
epileptische AnfŠlle auslšst. Ihr nŠchstes Projekt Jingle Virus war ein
digitales Musik-Instrument, das die Portale firmeneigner Server angewŠhlt hat,
wenn es gespielt wurde, was ein allgemein Ÿblicher Einstieg fŸr das Hacken ist.
HeavenSeven11 bewegt sich irgendwo zwischen DJ/VJ-Software und
einem interaktiven Computer-Spiel und ist nicht fŸr privates Spielen am
Computer zu Hause gedacht; es ist auch kein ein Online-Spiel und keine
Netz-Kunst. Es ist dazu gedacht, um live mit Publikum in einem Raum vorgefŸhrt
zu werden (beziehungsweise nur insofern live, wie es mit einem Publikum bei
einem Spiel in einer Spielhalle mšglich ist). WŠhrend der Spieler darauf
beschrŠnkt ist, mit den Texten, die auf dem Schirm zu lesen sind, zu reimen,
hat er die Mšglichkeit, mit der Auswahl an Wortendungen zu spielen, die
ursprŸngliche Bedeutung zu Šndern, was manchmal unbeabsichtigt geschieht, wenn
das gewŸnschte Wort zu schnell vorbeizieht. In gewisser Weise ist das Spiel
eine Dada-Hip Hop-Poesie-Erzeugungsmaschine. WŠhrend der Pausen kann der
Spieler die Beats Šndern, Beats rŸckwŠrts spielen und sie/er kann jederzeit
ãscratchen." Auf jedem Level des Spiels (Bogot‡, Stuttgart, Paris, und Los
Angeles), spielt erst ein Spieler, dann der zweite denselben Song, was eine Art
kreativen Remix beziehungsweise eine andere Version desselben Materials von zwei
Spielern/DJs ermšglicht. Die Spieler kšnnen das Punktesystem ganz au§er Acht
lassen und die Spiel-Sounds und die korrespondierenden visuellen Muster als
reine DJ/VJ-Software spielen (mathematische Wellen-Algorithmen, die von
Parangari Cutiri programmiert wurden).
HeavenSeven11 ist eine internationale Zusammenarbeit zwischen
Parangari Cutiri und anderen KŸnstlern, darunter Elke Marhšfer M.C. Bala a.k.a. Carolina Caycedo und Lapeg a.k.a Peggy Pierrot, die
dazu eingeladen wurden, Texte zu schreiben, zu rappen oder Beats und Samples zu
machen. Der erste Song, in Englisch, geschrieben von Parangari Cutiri, spricht
die Luftblasen-MentalitŠt der Amerikaner an, die in einer isolierten Supermacht
wohnen, abgeschnitten von den Auswirkungen der eigenen Au§enpolitik und den
jŸngsten militŠrischen Interventionen, die sie als Reaktion auf den 11.
September initiiert haben. ãPerdida", ein spanischer Song von Carolina
Caycedo, erzŠhlt von den schwierigen alltŠglichen Lebensbedingungen in den
Strassen von Bogot‡ in Kolumbien, gefiltert durch die bittersŸ§en Erinnerungen
einer Emigrantin. Das ãStuttgart" benannte Level von Elke Marhšfer (in
Deutsch) kritisiert die gegen den Krieg Protestierenden dafŸr, nicht weit genug
gegangen zu sein, um dem globalen kapitalistischen System effektiv entgegen zu
treten. Das Level Paris ist aggressiv und kŸhn, es bespricht historische
Strassendemonstrationen in Paris und benutzt ãpro-pubis" gegen
heterosexistische Wortspiele.